Tibet, das gelobte und wahrscheinlich romantisch verklärte Land der Rucksacktouristen ist für Dabize, den Westler gesperrt. Mal ist es das angeblich nicht. Einige sagen, man kann jetzt rein, mein Reiseführer sagt, wenn man es versucht, wird man auch mal gerne von den Ordnungshütern verhauen. Da ich nur auf der Suche nach neuen Eindrücken bin, nicht auf der Suche nach Erleuchtung oder Prügel, muss ich da gar nicht unbedingt rein. Landschaftlich und kulturell kann man sich auf der chinesischen Seite, so las ich, ein gutes Bild machen. Die Busse fahren nur bei Tag, weil das Befahren der Straßen bei Nacht wohl selbst den komplett wahnsinnigen, chinesischen Busfahrern zu gefährlich ist. (wahnsinnig waren bisher alle meine Busfahrer, Stichwort „Blindes Überholen auf holperigen, kurvigen Bergstraßen“)
Nach dem Verlassen von Chengdu durchfährt der Bus zunächst eine sehr hübsche, nebelige Hügellandschaft, auf deren terrassenartigen, winzigen Feldern überall eine wohlbekannte Pflanze, nämlich – wer errät’s? R**s angebaut wird. Die Rede ist natürlich von Raps. (…ja, ich war auch erstaunt, ist ja wie zu Hause) Die Straße windet sich, gesäumt von saftig grünen Bambussträuchern, weiter ins Hochgebirge. Der Bambus wird von Nadelhölzern abgelöst, diese irgendwann von Büschen, bis nur noch vergilbtes Gras den Fels bedeckt.
Ich habe das Glück, eine Mitfahrgelegenheit in dem Luxus-Toyota-Geländewagen eines offensichtlich wohlhabenden Chinesen zu bekommen, der unter Dauereinsatz seines Gaspedals und seiner verschiedenen Hupen (für Insider: Regierungshupe!) einen Ritt über die schotterigen Gebirgspisten hinlegte, der uns zwei Tagesetappen in zehn Stunden bewältigen ließ. Vom offiziellen Sichuan-Tibet-Highway biege ich in Litang in Richtung der Yunnan-Provinz nach Süden ab.
Highway heißt die holperige Passstraße wohl deshalb, weil sie einen bis in 4700 Meter über den Meeresspigel führt, nicht etwa, weil sie gut ausgebaut ist. Nach insgesamt drei Tagen, über 30 Stunden Bus- oder Autofahrt, einem kleinen Unfall mit einem LKW auf eisglatter Piste, vielen zotteligen Rindviechern und noch mehr fantastischen Ausblicken erreiche ich… Shangri La!